Rollstuhlgerechtes Dreifamilien-Wohnhaus Frankfurt-Heddernheim
Wo vor gut 1700 Jahren die römische Stadt Nida stand, unmittelbar neben der Römerstadt von Ernst May der 20iger Jahre, hat sich in den 60iger Jahren der Stadteil Frankfurt Heddernheim erweitert. Das Konzept der Durchwegung hielten die Planer bei, der kleinbürgerliche Duktus der Nachkriegs-Einfamilienhaus-Siedlungen ist damit nicht vermieden worden. So in der Trajanstrasse, die den stolzen Namen des römischen Adoptivkaisers trägt, der von 98 bis 117 in Rom regierte.
Eine Reihe von Einfamilienhaus-Doppelhäusern weist deutliche Ähnlichkeiten auf, die Handschrift eines einzigen Kollegen. Vorgarten, zwei Geschosse mit ausgebautem Dach, Garage als Grenzbebauung, große Glasbausteinfenster, Betonvordächer, Lochfenster, Satteldach mit Gaube. Behördliche Auflagen des Bebauungsplans von 1974 erlauben nur reduzierte bauliche Veränderungen. Das Grundstück mit 410m² hätte deutlicher ausgenutzt werden können.
Die Baumaßnahme erforderte erhebliche statische Eingriffe. Die Trümmerverwertungsgesellschaft lieferte 1961 teilweise die Materialien zum Bau der Siedlung. Das Material im Keller ist zu 50% zu ersetzen, die Betondecken entsprechen keinesfalls der vorgefundenen Statik. Die Investitionskosten steigen zwangsläufig in die Höhe, ohne die geplanten energetischen Maßnahmen einzurechnen. Bausubstanz gemischt mit Trümmerteilen wird häufig in 60iger-Jahre Siedlungen zu finden sein.
Absehbar ist, dass die Sanierungskosten den Wert der Immobilie deutlich übersteigen. Dies ist nur durch Erweiterung zu kompensieren, insbesondere in Metropolen. Allerdings scheint dieser Fakt bei den Behörden noch nicht angekommen zu sein – alte Bebauungspläne müssen fast immer restriktiv eingehalten werden.
Es ist ein großes Glück, eine Bauherrin vor mir zu haben, die sich - trotz der Unvorhersehbarkeiten - der komplexen Bauaufgabe weiter stellt. Trotz der erhöhten Investitionskosten wird das Ziel eines sanierten Wohnhauses nach KFW 70 Standard weiterverfolgt.
Die Grundfläche des Einfamilienhauses darf um ca. 1/4 nach Süd-West erweitert, das Dach um 80 cm angehoben werden. Sehr wichtig – bedingt durch die private Erfahrung der Bauherrin – ist der Einbau des rollstuhlgerechten Aufzugs, der von der Straße anfahrbar ist. Das Ergebnis ist ein rollstuhlfähiges Drei-Familienwohnhaus mit ca. 33% Zuwachs an Wohnfläche - trotz Einbau des flächenfressenden Aufzugs.
Die Fassade bleibt strukturell erhalten: das große Glasbausteinfenster über der Haustür wird mittels Klarglas-Fenster (3-fach Verglasung) mit Haustür ersetzt, die Breite den linksliegenden Lochfenstern angepasst. Deren Brüstungen werden abgebrochen und über den zwei Geschosse umlaufenden Fassadenrahmen optisch zusammengezogen. Diese schlichte Maßnahme gibt dem Wohnhaus die aktualisierte Form, die alte Struktur bleibt lesbar.
Der Anbau über zwei Ebenen mit Dachterrasse erweitert die Wohnräume nach Süd-West – die Terrassen im Erdgeschoß und Dachgeschoß sind schwellenlos zu erreichen. Zwischen dem Erdgeschoß und 1.Obergeschoß ist eine interne Treppe eingebaut – sie dient potentiell der zügigen Betreuung zwischen behinderter Person und Pfleger. Das Sateldach erhält einen Walm, der - bedingt durch die Anhebung der Traufe - den Abstandsflächen geschuldet ist. Das Dach wird akzentuiert abgesetzt und setzt dem Wohnhaus einen "Hut" auf. In der konsequent umlaufenden Kastenrinne wird die Entwässerung geführt, die die 8.000 Liter fassende unterirdische Zisterne im Garten speist.
Zum energetischen Konzept: Das Wohnhaus erhält neben dem mineralisch ausgeführten WDVS bis auf die Fundamentsohle eine Fußbodenheizung im neuem Leichtestrich. Die Kellerdecke wird unterseitig gedämmt, das neue Dach erhält eine Aufsparrendämmung. Darin integrierte Photovoltaik-Paneele auf der Süd- Westseite, auf den beiden Gauben Solaranlagen, die den großen Warmwasserspeicher im Keller speisen. Die Luft-Wärmepumpe- mit einem zusätzlichen Kühlmodul ausgestattet – steht in hinteren Gartenteil und wird von der Photovoltaikanlage gespeist. Die notwendige Lüftung - bedingt durch die 3-fach verglasten Fenster und den niedrigen Deckenhöhen - ist im Sinne des "lowtech" durch schlichte Querlüftung über die Bewohner herzustellen. Nicht zuletzt sorgt ein Hybridofen, der mit Holz und Pellets brennt, für ausreichend Wärme in der Übergangszeit.
- WDVS Steinwolle bis Fundamentsohle
- Kellerdecke unterseitig gedämmt
- Aufsparrendämmung mineralisch
- Fußbodenheizung im Leichtestrich
- 3-fach verglaste Fenster
- Querlüftung / WC mechan. Entlüftung
- integrierte PV-Module
- Solaranlage mit großem Warmwasserspeicher
- Luft-Wärmepumpe mit Kühlmodul
- Hybridofen für Holz und Pellets
- Zisterne unterirdisch 8.000 Liter.
Kernsanierung von 04/2022 bis 05/2023 vom Einfamilien-Wohnhaus zum Dreifamilien-Wohnhaus
Baufertigstellung Mai 2023
Wohnfläche alt 136 m²
Wohnfläche neu 203 m²
LPH 1 – 8